Gedanken zur Jahreslosung 2012: Zwischen Last und Lebendigkeit
Heute endlich weitere Deutungsversuche zur Jahreslosung:
Jesus Christus spricht: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“
Wer mag schon gerne schwach sein. Und wer es gerne wäre: haben wir überhaupt die Chance, unsere Schwachheit zu zeigen?
„Ich will anderen nicht zur Last fallen.“ Das ist ein Satz, den Sie vielleicht auch schon gedacht, sicher von älteren Menschen gehört haben. Weil sie die eigene Schwachheit als Last verstehen, ziehen sie sich heraus aus der Gemeinschaft der Familie, der Nachbarn. Das kann´s doch nicht sein!
„Schwachsein erwünscht!“ müsste auf jeder kirchlichen Tür stehen. Aber dann denken die anderen vielleicht “Na, was ist denn aus dem Verein geworden?“
Ich ging auf die Suche nach Bildern, das hilft mir immer. Beim Googeln fand ich unglaublich viele Bilder. Zum Beispiel:
Vögelchen, Küken, Ameisen, zarte Pflänzchen die aus Asphalt nach oben drängen. Schön. Aber nicht meine Welt. In der gehen nämlich Sachen schief. Den Menschen um mich herum und mir selbst auch geht immer mal wieder die Luft aus im Spagat zwischen Beruf, Ehrenamt, Familie, Pflege. Da bräuchte ich doch etwas Handfesteres.
Eine alte Hand mit einer roten Hantel, hochgereckt! Na also! Einevangelisches Altenhilfezentrum hat dieses Bild ins Internet gestellt. Da wird aus der deprimierenden Last eine Kraftübung gegen den selbstgewählten Rückzug aus dem Leben. Aber ist das die Lösung?
Eine Schale, die einen Knacks hat. Licht fließt hinein und sickert hindurch. Leonard Cohen sang einmal „There´s a crack in everything, that is how the light gets in“ (grob übersetzt: In allem ist ein Knacks, dort kommt das Licht herein)
Von der Deutung her finde ich das Bild oben am besten: ein in Bewegung geratenes Kreuz, das den Blick auf den Himmel freigibt. Dies gab es als Postkarte beim Wort im Bild Verlag, gemalt von Ina Pause-Noack. Hier zeigt sich viel von der Dynamik, die eigentlich in diesem Vers steckt, denn:
Zum Glück traf ich Professorin Claudia Janssen, Mitherausgeberin der „Bibel in gerechter Sprache“, die ihr griechisches Neues Testament immer dabei hat. Sie gab mir folgende Übersetzungshinweise:
- „Kraft“ heißt im Griechischen „dynamis“. Dynamik, Dynamo, Dynamit – das kommt alles von diesem Wort her.
- Die Schwachen“, heißt im Griechischen eigentlich „Schwachheit“. Das finde ich schon einmal hilfreich, für alle, die eher auf der starken Seite des Lebens unterwegs sind. Schwachheit gibt’s bei denen auch. „asteneia“ (Sie kennen sicher das Wort aus „Legastenie“) meint aber auch „sozial schwach“, was den Vers wieder aus der rein persönlichen Ecke heraus holen würde.
- Und nahe am griechischen Text übersetzt hieße der Vers ungefähr so: „Kraft/Dynamis kommt in der Schwachheit zum Ziel/ zur Vollendung“.
Ich finde es immer noch schwer, die Bedeutung dieses Satzes in Worte zu fassen. Eines weiß ich aus Erfahrung: immer dann, wenn ich an einem Punkt war, wo ich mir meine Schwachheit eingestehen musste, kam etwas in Bewegung. Die Schwachheit brachte den dynamischen Wendepunkt.
Ich werde mit der Jahreslosung wohl noch eine Zeit lang ringen. Was ich bisher schon herausgefunden habe, können Sie hier lesen.
An Ihren Gedanken zur Jahreslosung und denen Ihrer Gruppenmitglieder bin ich sehr interessiert. Unter allen, die mir kurz oder lang bis zum 29. Februar dazu schreiben, verlosen wir das neue Buch von Ilona Nolte, Lebenslust mit vielen bunten und verschmitzten Gemälden und Versen rund ums Älterwerden.
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