Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Einmachgläser und die Ewigkeit

Veröffentlicht in: Andacht/ Spiritualität, Ideen für Gruppen

Einmachgläser und die EwigkeitGabi Erne, Religionspädagogin und Künstlerin im Spielfeld zwischen Küche und Kirche und außerdem Clownin im Altenheim hat innerhalb unserer Langzeitfortbildung zum/ zur Clown/in im Altenheim eine so wunderbare Andacht zum Thema Sterben und Ewigkeit gezaubert, dass wir Sie daran teilhaben lassen wollen. Hier lesen Sie  die vollständige Andacht mit Gesprächs- und Geschmacksimpulsen,

Andacht: Der Keller meiner Großmutter und die Ewigkeit
von Gabi Erne, Religionspädagogin und Künstlerin im Spielfeld zwischen Küche und Kirche

EG 449, V 1-3: Die güldne Sonne voll Freud und Wonne……

Einmachgläser, Weckgläser gefüllt mit Äpfeln, Birnen, Mirabellen, Bohnen, Gurken, Beeren, fein säuberlich beschriftet, so standen sie auf den grob gezimmerten Regalbrettern im feuchtkalten Gewölbekeller mit dem gestampften Boden, neben den einzeln gelagerten Äpfeln, den Mostfässern und den beiden Kartoffelhorden für die fest- und die mehlig kochenden. Dann gab es noch einen Krauttopf, mit einem schweren Holzdeckel und ein Steingutfass für die Salzeier. Unter der Decke, an Stangen, hingen die gerauchten Würste und der Speck.
Nun kann er kommen, der Winter und weitere Winter: die Vorräte sind haltbar gemacht.
Ein Haltbarkeitsdatum gab es nicht im Keller meiner Großmutter und auch für sie schien es keines zu geben. Das hat der Rhythmus der Jahreszeiten garantiert. Das Bestellen des Gartens, das Ernten, das Einkochen. In meiner kindlichen Vorstellung ging das ewig so weiter.

EG 449, V 4+8

Weckgläser sind ein Symbol für Sorgfalt und Liebe, Verlässlichkeit und Haltbarkeit.
Niemals kann ein Gefrierschrank das leisten.
Aber Weckgläser zu füllen heißt auch: einen Keller haben, im Garten arbeiten, da bleiben, aushalten und auch, eines Tages zu ahnen, dass diese Gläser nicht mehr von mir geöffnet werden.

Ich lese die Geschichte: (Copyright war leider nicht auffindbar)

„Anna, sagte der Mann“ von Hertha Kräftner (1950)

„Anna“, sagte der Mann,
„ich fahre jetzt heim. Im Schlafwagen …
Ich wollte immer schon einmal
im Schlafwagen reisen,
aber es war mir zu teuer.
Anna? Freust du dich nicht?
Es ist ein langer Zug.
Kannst du die Wagen zählen?“
Er hob die Hand aus seinem Totenbett
und zeigte auf die lange Reihe
der Einmachgläser auf dem Kleiderkasten;
das ist in den kleinen Wohnungen üblich.
Da standen Aprikosen in dicken Säften,
geschälte, gelbliche Birnen und rote Beeren,
und die zarten Pfirsiche
leuchteten grün und ein wenig rosa.
„Ein schöner Zug“, sagte der Mann.
„Weine nicht, Anna. Es ist ein Glück,
so zu reisen. Ich glaube,
die Fahrkarte ist sehr teuer gewesen,
aber ich hab sie umsonst bekommen.“
Und die Birnen und Beeren
und die saftigen Aprikosen
begannen zu dampfen und zu zischen
und rollten in die Ewigkeit.

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Mit diesen Varianten könnten Sie weiterarbeiten:

Gesprächsanstoß (von Annegret Zander)
„Sie haben viele Bilder bekommen aus den beiden Texten. Ich lade Sie ein, sich mit Ihrer Nachbarin auszutauschen:
Welche Worte oder Bilder haben Sie berührt?
Welche Gedanken kamen Ihnen in den Sinn?“

Die Gespräche in meiner Gruppe waren sehr unterschiedlich: manche erzählten von den „Einweck – Erfahrungen“ ihrer Kindheit. Sie bedauerten, dass heute gar nicht mehr eingekocht wird. Ich konnte sie beruhigen: die Tradition geht weiter! Inzwischen ist bei den jüngeren Generationen das Einwecken topaktuell, man kann inzwischen viele Bücher und Utensilien dazu kaufen.
Andere hatten sich von dem Sterben und dem was der Mann an tröstenden Bildern hinterließ anrühren lassen.

Es kann sein, dass manche davon erzählen, welche Bilder ihre Verstorbenen zum Abschied gebraucht haben „Ich muss nach Hause“,“ ich gehe in den Garten“, „der Himmel wartet auf mich…“ Denn oft finden Sterbende für sich tröstende Bilder, mit denen sie gut gehen können.

Geschmacksprobe (von Gabi Erne)
Auf den Plätzen liegen bereit: eine Kuchengabel und eine Serviette.
Frau Erne hatte beides sogar in die Gesangbücher hineingelegt, sodass das Lied ebenfalls ein Geschmack des Himmels wurde.
Für Altar oder Mitte hatte sie ein aus vier Geschirrtüchern zusammengenähtes Tuch (in der Mitte war unbeabsichtigt ein Kreuz entstanden) und mehrere Einmachgläser. Eines davon mit Pfirsichstücken.

Dieses Glas kreiste, es wäre hilfreich, wenn jemand assistierend in Ruhe mit diesem Glas herumginge und je zwei sich gegenseitig ein Stück Pfirsich reichen:

„Den Schlafwagen kann ich Euch nicht versprechen, aber einen Geschmack vom Himmel schon, wenn ihr euch nun die süßen Pfirsiche gegenseitig in den Mund fallen lasst.“

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Auch Paul Gerhardt hat viele tröstende Bilder von der Ewigkeit in Worten gemalt. Wie zum Beispiel dieses:
EG 449, V12: Kreuz und Elende, das nimmt ein Ende…..


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