Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Jetzt andocken: spirituelle Basisstation

Veröffentlicht in: Allgemein, Andacht/ Spiritualität, Ideen für Gruppen

(Die treuen Blogleserinnen und -leser haben dies so ähnlich schon mal gelesen. Ich habe meine Gedanken noch mal anders auf den Punkt gebracht für das Gelnhäuser Tageblatt und offenbar verschiedene Generationen angesprochen, Das freut mich natürlich. Hier noch mal für Sie:)

Sommer, Sonne, Kaktus ist vorbei. Dringend: Andocken an der spirituellen Basisstation. „Wozu denn das?“, fragen Sie? „BefiehldudeineWegealleStrophen“, sag ich.
Ich bringe es – direkt wie ich bin –  gleich mal auf den tiefsten Punkt. In diesem Jahr habe ich zwei Menschen erlebt, der eine todkrank, die andere vom Schlaganfall so schwach, dass nur noch ganz wenig Atem in ihnen war. Aber dann haben wir zusammen Hausabendmahl gefeiert und gesungen. Plötzlich und unerwartet aus voller Kehle.  Mein Freund Bastian, der sein Leben für die Kirchenmusik gab, sang kraftvoll die ganze Liturgie und auch noch zweite Stimme. Frau E., die sich vor Schmerzen kaum rühren konnte, hörte nicht auf, bis sie alle 12 Strophen ihres Lieblingsliedes von Paul Gerhardt auswendig gesungen hatte: „Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt, der allertreusten Pflege, des der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“ Und später war ein Frieden in ihnen, so ansteckend, dass es auch mir und den anderen, die dabei waren besser ging. Trostvoll.
Seitdem halte ich Augen und Ohren offen: Was ist eigentlich meine spirituelle Basisstation, wenn im Drumherum des Alltags gerade nichts freundlich auf mich zukommt? Wenn ich mich nicht mehr rühren könnte, an was knüpfe ich dann an? Was gibt mir Kraft, Atem, Mut? Was reißt mich dann aus der Langeweile oder dem Gefühl, von allen guten Geistern verlassen zu sein? Haben Sie solche Anknüpfungspunkte? Ich kenne eine alte Dame, die ziemlich unerschrocken durch ihr Leben geht. Als ehemalige Buchhändlerin steckt sie voller Gedichte. Sie hat für so ziemlich jede Lebenssituation eines parat. Habe ich genug Gedichte in mir? Eindeutig nein. Also habe ich angefangen zu lernen. Jetzt gerade Rilkes Herbstgedicht  „Herr, es ist Zeit, der Sommer war sehr groß…“
Ich bin als Kind mit singenden Menschen aufgewachsen, allen voran „Radio Mama“ und „Radio Oma“, die immer irgendein passendes Lied trällerten. Nun trällere ich selbst und mein Kind mit mir. Von „Jetzt fahr´n wir übern See, übern See“ über „Yellow Submarine„ bis zu „Tulpen aus Amsterdam“ (ja, besonders im Herbst sehr wirkungsvoll). Da wird auch mal ein Kirchenlied im Auto geschmettert und abends ein Lied vom Mond noch mal gesungen. Wir bauen weiter an unserer spirituellen Basisstation für alle Fälle.
Glücklich, wer ein Fundament hat, das so tief greift wie bei Bastian und Frau E.. Selig sind, die mit den Todkranken und Schwachen singen. Und ja: bitte singen Sie mit ihren Kindern, Enkeln und Nachbarskindern. Finden Sie heraus, welche Lieder, Gedichte und Bilder so gut sind, dass sie in ihrer Seele ein Haus für alle Fälle bauen.  Bauen Sie mit an der eigenen spirituellen Basisstation und der der nächsten Generationen.

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