Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Vernetzt arbeiten: „Altenarbeit weiterdenken“

Veröffentlicht in: Bücher/Filme, Geronto-was? Theorie ganz praktisch, NACHmachBAR

Vernetzt arbeiten: „Altenarbeit weiterdenken“Das neue Grundlagenbuch für die Arbeit mit Menschen in der zweiten Lebenshälfte ist eben erschienen Ich kann es nur empfehlen!

Unser Seniorenkreis schrumpft – war´s das?
Sie gehören zu denen, die sich fragen, wie es mit Ihrer Altenarbeit weitergehen soll? Die Klage „Unser Seniorenkreis wird immer kleiner und es kommt niemand Neues dazu“ ist auch die Ihre? Dann könnte Ihnen diese Lektüre weiterhelfen: „Altenarbeit weiterdenken. Theorien – Konzepte – Praxis“ von Martin Erhardt, Lothar Hofmann und Horst Roos. Alle drei sind Fachreferenten in der kirchlichen Altenarbeit. Sie haben sich die Mühe gemacht, das Thema Altenarbeit auf vielfältige Weise zu beleuchten und Wege in eine veränderte Praxis zu bereiten. Ich sage es gleich: ich bin begeistert! Dieses Buch sollte in jedem Kirchenkreis seine Runde durch Pfarrkonferenzen und Kirchenvorstände machen.
Man merkt allen dreien die Erfahrung in der Arbeit mit Gemeinden an. Die Texte sind gut verständlich geschrieben, übersichtlich gegliedert und mit Hinweisen zu Webseiten und vertiefender Lektüre ausgestattet. Und sie machen Hoffnung.

Die Alten – ein sehr weites Feld
Teil I, die Analyse, öffnet die Augen dafür, dass man die obige Frage sehr aufmerksam und differenziert betrachten muss, denn „die Alten“ gibt es schon lange nicht mehr. Die Autoren fächern die aktuelle soziologische, gerontologische und praktisch-theologische Diskussion auf. Stichworte wie Gender, Milieu, Lebenslagen werden konkret und praktisch nachvollziehbar. Sie machen sehr deutlich, dass der kirchliche Blick zu sehr auf einen Teil der Alten fokussiert ist. Derzeitige kirchliche Altenarbeit hebt auf keinen Fall ausschließlich, aber doch überwiegend auf das Alter in seiner Abhängigkeit und Bedürftigkeit ab. Für die Menschen in dieser Situation sind die uns vertrauten angebotsorientierten geselligen Nachmittage, an denen die Gemeinschaft im Zentrum steht, außerordentlich wichtig. Die Autoren betonen, dass es richtig ist, die bestehende Arbeit zu stärken. Im Praxisteil gibt es Hinweise dazu.

Netzwerkorientiert in die Zukunft
Noch wichtiger ist ihrer Analyse nach jedoch, die Generationen, die jetzt älter werden, in den Blick zu nehmen, vor allem: ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich einzubringen – und zwar sehr weit jenseits der bisherigen klassischen kirchlichen Ehrenämter. Die neue Altenarbeit muss netzwerkorientiert die Interessen und Fähigkeiten der Älteren zum Zuge kommen lassen, so die einhellige Meinung. Es kommt nun eine Generation in den Ruhestand, die es gewohnt ist, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich mit anderen auszutauschen, zu vernetzen, gemeinsam für eine Sache zu kämpfen etc.. Sie tun dies bereits. Sie sind aktiv an ihrem Ort, in Vereinen und damit auch wunderbare Brückenbauer. Denn wegweisend ist auch eine veränderte Haltung, die die Autoren den Kirchengemeinden ans Herz legen: Vernetzung im Kirchenkreis, mit den Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und Initiativen von Bürger_innen vor Ort. Gemeinsam für die Generationen, sodass die ganz Alten in ihrem Können und Wissen-wollen genauso eingebunden und beteiligt sind wie die Jüngeren.

Jetzt ganz praktisch weiter denken
In Teil II werden entsprechende Konzepte vorgestellt. Besonders interessant fand ich die Methode der Lebensraumanalyse, die genau schaut und hört, wie es sich in einem Ort oder Stadtteil lebt, wenn man älter und alt wird. Was gibt es, was fehlt? So kann man dann Angebote und Ideen entwickeln, die wirklich den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. In Teil III kommen Praktiker_innen zu Wort. Wie Menschen sich miteinander und für die Jungen wie die Alten vernetzen: hier findet man jede Menge Anregungen. Toll zum Beispiel die Idee, Jugendlichen den Umgang mit Geld näher zu bringen. Oder der einmal wöchentliche Mittagstisch 60+ in einer Kirchengemeinde, wo sich über 60 Leute treffen, gut essen und neue Kontakte knüpfen. Eine gute soziale Vorsorge für´s Alter in unserem Lebensraum: die Vernetzung kann davor schützen zu vereinsamen. Wo Hilfe nötig wird, lässt sich in einem vernetzten Ort leichter feststellen, als wenn man unvorbereitet fragt „Wer hätte gerne Hilfe?“ Über 20 praktische Beispiele, allesamt bereits erprobt, geben Anstoß zu eigenen Ideen, die in Ihrem Kirchenkreis passen.
Dieses Buch weitet den Blick erheblich: Kirche könnte zu einer neuen Kultur des Alterns beitragen und den demografischen Wandel als Gestaltungsraum begreifen. Es ist ein Grundlagen-Buch in der Arbeit mit und für Menschen in der zweiten Lebenshälfte in den kommenden zehn Jahren.


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