Ich glaube an … ein Leben nach dem Tod?
(AZ) In meinem anderen Blog, den ich zusammen mit Petra Schuseil schreibe — „Totenhemd-Blog: Über das Sterben reden“ eröffne ich mit dem folgenden Beitrag am Ostersonntag eine Reihe, in der wir und 10 mutige Menschen darüber schreiben, wie sie es sich nach dem Tod vorstellen. Darüber redet man ja sonst eher nicht. Drum freuen wir uns, dass so viele mitmachen! Lesen Sie die folgenden Beiträge im Totenhemd-Blog!
Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?
Wir wurden letztes Jahr in einem Interview gefragt, ob wir an ein Leben nach dem Tod glauben. „Nein!“, schrieb ich – und war erschüttert. Ich wollte das gar nicht so gerne öffentlich haben. Schließlich bin ich Pfarrerin. Aber nun habe ich noch mal nach-gedacht. Und antworte immer noch „Nein“. Denn was genau soll da eigentlich weitergehen? More of the earthly same, nur himmlischer? Leute, ich habe gar keine Ambitionen, dass das hier ewig weitergehen müsste. Auch wenn es mir wirklich gut gefällt! Ich will auch nicht wiederkehren und in einem anderen Körper von vorne anfangen! Ich bin froh, dass wir – zumindest im christlichen Kulturkreis- endlich sein dürfen. Ich will nicht ewig leben.
Nun gibt es tausend Möglichkeiten, wie es nach dem Tod weitergehen könnte. Zum Beispiel gar nicht. Ich finde das gar nicht so schlimm. Ich würde es ja nicht merken.
Wenn du tot bist, bist du tot
Gut biblisch- christlich ist, auch wenn euch das jetzt überraschen wird und ich so was am Grab auch nie sagen würde: Wenn du tot bist, bist du tot. Und erst wenn der jüngste Tag kommt und Jesus wiederkehrt, werden die Toten auferstehen. Sagt Paulus. Diejenigen, die dann noch leben, werden direkt in den anderen Zustand der Auferstehung übergehen. Und dann erst kommt das ewige Leben, oder, wie Paulus das formuliert: „wir werden bei dem Herrn sein allezeit.“ Wie das nun aussieht, lässt er offen. (Nachzulesen im 1. Brief an die Menschen in Thessalonich, Kapitel 4, Verse 13 – 18)
Tröstet mich das? Nein. Aber all die anderen Sätze wie „Meine Oma kommt mich abholen“, das Licht am Ende des Tunnels wird sehr schön sein“, „du bist dann im Himmel“ finde ich auch nicht tröstlich. Jetzt nicht. Im Sterben vielleicht erst recht nicht. Ich hatte nicht vor, auf einer Wolke herumzuhängen. Auch nicht mit meiner Oma. Wobei… Das wäre vielleicht noch lustig. Jedenfalls würde ich auch meinem Kind solche Dinge nicht sagen. Zum Glück hat Paulus noch viele andere Bilder über das Auf(er)stehen geschrieben. Und das finde ich eigentlich am Besten: die Vielfalt.
Bilder, die mich trösten
Ein paar Bilder finde ich besonders tröstlich. Ich habe zusammen mit Carmen Berger-Zell eine Auswahl in einem Heft zusammengetragen, das wir für Menschen schrieben, die jemand im Sterben begleiten. (Abschied am Lebensende – Für Angehörige und Begleitende. Veröffentlicht von Diakonie Hessen 2016. Die Broschüre stelle ich euch direkt nach unserer Oster-Aktion vor!)
„Samenkorn
Ich halte einen Sonnenblumensamen in der Hand. Ich erinnere mich, wie es war.
Ich steckte ihn in die Erde. Ein kleines Grün kam hervor. Und dann leuchtgelbe honigduftende Kraft.
„Es könnte gefragt werden: Wie werden die Toten aufstehen? Mit was für einem Körper werden sie kommen? (… ) Wenn du ein Samenkorn säst, wird es nicht lebendig, wenn es nicht erst gestorben ist.
Genauso ist es auch mit dem Aufstehen der Toten. (…) Gesät werden Menschen in eine Welt voller Erniedrigung, Erhöhte stehen auf. Gesät werden Zerbrechliche, Menschen voller Kraft stehen auf. Gesät wird ein lebendiger Körper, ein Körper, den Gottes Geist erfüllt, steht auf.“
1 Korinther 15,35-36.42-44 (Übersetzung Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh 2006.)
Von Angesicht zu Angesicht
So viele Fragen, so viele Antworten offen. So viel nicht zu Ende gelebt. So kurz das Leben. Das darf so sein. Ich muss nicht alles wissen oder verstehen. Ich bin bereits verstanden. Ich werde ganz sein, bei Gott.
„Wir sehen vorläufig nur ein rätselhaftes Spiegelbild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Heute erkenne ich bruchstückhaft, dann aber werde ich erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin.“
1 Korinther 13,12 (Übersetzung Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh 2006.)
Gemeinschaft der Lebenden und der Toten
Christen glauben an ein Leben nach dem Tod. Und an eine Gemeinschaft der Lebenden und der Toten – die Gemeinschaft der Heiligen. Die Beziehungen zwischen den Lebenden und Toten sind mit dem Tod nicht zu Ende – aber sie verändern sich. Manchmal spüren wir das am Tag und in unseren Träumen. Dann sind unsere Toten uns ganz nah. Zeit und Raum – wie wir sie kennen – verändern sich, sind durchlässig. Wir bleiben verbunden.
Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben. (aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis)
Sterben und Auf(er)stehen
Diese seltsame, kraftvolle Geschichte – Jesus, der stirbt und wieder aufersteht. Sie lebt und wirkt jetzt. Im Geschehen des Sterbens. Jesus kennt und trägt die Schmerzen, die Hoffnungslosigkeit, die Gottverlassenheit, die Entschlossenheit, den Frieden. Ging uns voraus in ein Leben, in dem der Tod keine Macht mehr hat. Etwas davon scheint in unsere Welt, in der wir zurückbleiben. Wir dürfen aufstehen, wir dürfen leben. Getragen von Gott, verbunden mit den Lebenden und den Toten. (Soweit aus Abschied vom Leben)
Das sind Bilder die mich trösten. Welches sind deine?
Das Geheimnis
Ich gehe jetzt Sonnenblumenkerne kaufen. Am Ostersonntag werde ich sie den Kindern und den Alten am Frühstückstisch in die Hand drücken und sagen: Ungefähr so könnte es sein mit der Auferstehung: Dieser kleine Samen wird verwandelt. Aber nur wenn wir ihn in die Erde stecken und sich seine Schale löst. Dann wird daraus eine wunderschöne Sonnenblume. Wie das mit uns Menschen sein wird, das bleibt ein Geheimnis. Das werden wir erst lüften, wenn wir sterben. Wie schön! Ich liebe gute Geheimnisse!
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