„When I’m 64“ – Paul Mc Cartney (74) hält sich nicht mehr an seinen Text
So, hallo, da sind wir wieder! Zuerst mit einem Text von unserem geschätzten Kollegen Martin Erhardt:
Der Ex-Beatle Paul McCartney trat im Frühsommer 2016 während seiner „One on One-Tour“ dreimal in Deutschland auf. Die Konzerthallen in Düsseldorf, München und Berlin waren ausverkauft und das Publikum hellauf begeistert. Seine Fans kommen übrigens aus allen Altersgruppen und so fand jedes Mal ein bunt gemischtes, generationsübergreifendes Event statt. Apropos ältere Generation: Beim Hit „When I’m 64“ wurden einige Fans jenseits der 60 plötzlich hellhörig und manch einer war regelrecht irritiert. Was singt denn da dieser 74-jährige Musiker über 64-jährige Männer? Irgendwie passen der deprimierende Songtext und die starke, leidenschaftliche Bühnenpräsenz dieses ,alten Herrn‘ überhaupt nicht zusammen.
„Wirst Du mich brauchen, wirst du mich durchfüttern, wenn ich 64 bin? […] Ich könnte deine Sicherung austauschen [.] Du könntest mir vor dem Kamin einen Seelenwärmer stricken [.] wir können den Garten pflegen und umgraben, wer könnte mehr verlangen? [.] wir können uns einschränken und sparen, Enkelkinder auf deinem Knie, wenn ich 64 bin?“
Hier kommt ein verunsicherter 64-jähriger Mann zum Vorschein. Sozial zurückgezogen und von Zweifeln geplagt, fragt er sich, ob man mit 64 noch selbständig leben, attraktiv und liebenswert sein kann. Paul McCartney selbst hat das 64. Lebensjahr längst überschritten. Er wird diesen Sommer 74 und führt ein ausgesprochen aktives und engagiertes Leben, persönlich, familiär sowie als Musiker von Weltrang. Diesen Beatles-Song hat er als 25-Jähriger Mitte der 1960er Jahre komponiert und auch den Text verfasst. Als ,Kind seiner Zeit‘ beschrieb er das damals vorherrschende Bild vom Alter. Ein Altersbild, über das der kürzlich im Alter von 90 Jahren verstorbene Musikproduzent Sir George Henry Martin – wegen seiner Bedeutung für die Karriere der Beatles auch „fünfter Beatle“ genannt – einmal sagte: „Betrachtet man den Text genauer, wird man feststellen, dass zwischen den ulkigen Zeilen etwas anderes geschrieben steht: ,Ist das Alter nicht entsetzlich? Banalität, Langeweile, Nichtigkeit, Armut, Gewohnheit‘.“ (wikipedia)
Paul McCartney verkörpert heute ein deutlich anderes Altersbild, als von ihm selbst vor 50 Jahren besungen. Insofern lässt sich ,medial‘ an seiner Biografie die Emanzipation des Alter(n)s ein stückweit nachzeichnen. Weg vom Dreiklang „alt, arm und gebrechlich“, hin zu einem aktiven Altersbild, das sich am Leben beteiligt, sich politisch einbringt, in Bildung und Kultur starke Akzente setzt und soziale Präsenz zeigt.
Übrigens: Nach der Grammy-Verleihung Anfang dieses Jahres machte sich Paul McCartney auf den Weg zu einem noblen Nachtclub. Dort wollte er mit Freunden groß feiern. Der Türsteher wies den 74-Jährigen allerdings ab. Nicht aus Altersgründen, sondern weil er ihn nicht erkannt hatte. Paul McCartney nahm’s gelassen. „Da muss ich wohl wieder einen Hit schreiben“, meinte er. (Darmstädter Echo vom 18.02.2016)
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