Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Buchtipp: 80plus und mittendrin. Aufbruch in eine neue Seniorenarbeit

Veröffentlicht in: Bücher/Filme, Geronto-was? Theorie ganz praktisch, Hoch!Alt, Ideen für Gruppen, NACHmachBAR

Buchtipp: 80plus und mittendrin. Aufbruch in eine neue SeniorenarbeitWie gut!, dachte ich: Da ist eine Kollegin genau an dem dran, was uns beschäftigt:

Susanne Fetzer
80plus und mittendrin
Aufbruch in eine neue Seniorenarbeit
Neukirchener Verlag, 20 €

Retten wir den Seniorenkreis!?
Kirchliche Seniorenkreise sind in der Krise. Susanne Fetzer nimmt sich des Themas behutsam, aber klar an. Und sie macht Vorschläge fürs (anders) weitermachen. Ein Buch für die Praxis: für ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierte in der (nicht nur aber besonders) kirchlichen Seniorenarbeit. Wenn Sie sich fragen, wie Sie in ihrem schrumpfenden Seniorenkreis weitermachen sollen, sollten Sie sich Ihr Team und/ oder Ihren Kirchenvorstand schnappen und gemeinsam Teil 1 durcharbeiten.
Wenn Sie sich fragen, wie Sie die Arbeit mit Hochaltrigen in Ihrer Gemeinde anders oder neu angehen können, nehmen Sie auch Teil 2 „Inspirationen für die Praxis“ hinzu.

Perspektive wechseln und dann Butter bei die Fische
Wir sind in der Fachstelle ja an genau demselben Punkt: Zum einen ist es wichtig, endlich die Personen ab dem Ruhestand genau in den Blick zu nehmen und neue Herangehensweisen zu entwickeln, wie wir als Kirche mit dieser Generation umgehen wollen. Zum anderen haben wir nun die Alten, die es gerade noch so in den Seniorenkreis schaffen – oder eben auch nicht mehr. Und wir rätseln, was wir mit den und für die Alten tun sollen. Das Konzept, das 40 Jahre die kirchliche Seniorenarbeit geprägt hat, trägt nämlich nicht mehr.
Susanne Fetzer zeigt auf, warum die Seniorenkreise nicht mehr wachsen werden (Unterschiedliche Generationen, Vielfalt der Lebensstile) und lädt dann zum „Querdenken“ ein. Konkret fordert sie zwei Paradigmenwechsel: „Von der Betreuungsperspektive zum Miteinander auf Augenhöhe“ und „Vom Bildungsangebot zum Begegnungsangebot“. Dies illustriert sie mit exemplarischen Berichten aus „Kirchlingen“, in denen sie uns Leser*innen durch die Beschreibung von „Frau Leitung“ und andere Akteur*innen mit kleinen genauen Beobachtungen aus der Praxis auf den Zahn fühlt. Da versucht die neue Frau Pfarrerin vergeblich die Namen von Gruppenmitgliedern herauszufinden, eine neue Teilnehmerin wird von Frau Fünfundsiebzig konsequent in die Passiv-Rolle gedrängt. Die Autorin zeigt behutsam Wege, wie man das eigene Verhalten mit kleinen stellschrauben verändern kann.

Die Leitfrage ist, wie die Menschen, die in diese Gruppen kommen (wollen), wirklich Gemeinschaft erfahren können. Dazu kommen sehr unterschiedliche Themen zur Sprache: „Tischordnung und Raumfrage, Seniorenkreisler, die nicht mehr kommen können, Programme und Methoden, Sie sind Leitung! Also leiten Sie auch! Hörprobleme und Akustik, Seelsorge zwischen Tür und Angel“. Das klingt kleinteilig – und genau das ist vonnöten, um möglichst viele mitzunehmen.

Sehr hilfreich sind die Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels, dazu kommt eine gute Auswahl an weiterführenden Materialien, um ein Thema zu vertiefen, aber auch gute Quellen für Stundeninhalte.

Ein ausführlicher zweiter Teil zeigt, wie die Arbeit mit Hochaltrigen jenseits des Seniorenkreises auch gehen kann. Susanne Fetzer hat Beispiele vom Norden bis zum Süden des Landes recherchiert und eine inspirierende Auswahl anschaulich und mit Kontaktadressen versehen zusammengestellt.
Ich freue mich, dass auch andere sehen, dass Küchen in diesem Praxisfeld eine wichtige Rolle spielen. Außerdem gibt es gemeinsame Spaziergänge mit Rollatoren, eine Sütterlin-Übersetzungsstube, eine Oma-AG in der Kindertagesstätte, biografische Ansätze, Angebote nur für Männer, ein Friedhofsmobil und Gottesdienst – Ideen.

Ein Buch für die Praxis
Frau Fetzer nimmt kein Blatt vor den Mund, aber sie schreibt so, dass man es annehmen kann und viele Anstöße bekommt, wie man als Team weitermachen kann. Der Schreibstil ist gut lesbar und ermutigend.
Besonders gefreut hat mich natürlich, dass Frau Fetzer drei Veröffentlichungen unserer Fachstelle in ihrem Buch verwendet hat, allen voran als Beispielgeber NACHmachBAR, aber auch AbDanken und den Werkzeugkoffer Gemeindemittagstisch.
Ich kann „80plus und mittendrin.“ als praxisnahes Arbeitsbuch uneingeschränkt empfehlen.

Annegret Zander, Fachstelle Zweite Lebenshälfte im Referat Erwachsenenbildung, EKKW


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