Stückwerk – oder: Nicht aufhören anzufangen!
„Nicht aufhören anzufangen“ titelt mein Kalenderblatt (Lebens(er)finderinnen, Hg. S. Burster u.a., Schwabenverlang) für diese Woche. Mitten im Jahr. Nun gut, ich bastele gerade am ebz Jahresprogramm 2011. Gefühlte hundert Anfänge. Zuhause habe ich die Bilder eines ganzen Jahres eingeklebt, und dabei gemerkt, dass eins, das mir so wichtig war, verschwunden ist, oder ich vergaß es abzuziehen. Ich hatte mir für diesen Sommer noch einiges vorgenommen. Hatte mir extra Zettelchen geschrieben und ordentlich sichtbar aufgehängt, damit ich es auch ja nicht vergesse. Wenn es hoch kommt, habe ich ein Viertel geschafft. Mist. Sonntag im Radio (wie so oft!) kam die Entlastung: in einer Sendung über Lebenspläne. Da sagte Annelie Keil, Professorin i.R. für Gesundheitswissenschaften, angewandte Biographie- und Lebensweltforschung, ganz am Ende: wenn man so etwa 10 % dessen schaft, was man im Leben angefangen hat, dann sei das schon richtig gut. Man solle sich keine Sorgen machen, das sei ganz normal. … Dann lag ich mit meinen gefühlten 25% ja über dem Durchschnitt!
Ebenfalls am Sonntag, habe ich einen Satz aus dem 1. Korintherbrief 13 extra nicht gestrichen. (Von wegen die Lesung wird zu lang, auch so eine Unart, immer nur ein paar Sätze rauszupicken.) „… unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk. … Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.“
Für mich ist dieser Satz inzwischen ganz zentral. Mich entlastet es zu wissen, dass das „Stückwerk Leben“ normal ist. Und dass ich getrost vieles unfertig liegen lassen kann. Das betrifft Projekte genauso wie Freundschaften, Beziehungen aller Art, zur Partnerin, zum Partner, zu den Kindern, den Eltern, all das was wir uns beruflich so vornehmen u.s.w.. Und eben auch was den Glauben betrifft: ich werde Gott und Gottes Wege vielleicht nie ganz verstehen, den Sinn meines Lebens nur erahnen. Aber das reicht aus. 10 % sind schon viel. Es wird die Zeit kommen, in der wir es verstehen werden. Auch tröstlich: von Gott her, sind wir – unvollkommen wie wir sind – jetzt schon ganz und gar. Ganz und gar verstanden, geliebt, angenommen.
Mir geht noch der Besuch bei der alten Dame letzte Woche nach, die versucht, jeden losen Faden ihres Lebens festzuknüpfen – und dabei scheitert. Und die gleichzeitig vor Ideen sprudelt , was sie noch alles anfangen will.
Ich habe schon einige Zettelchen an meiner Wand und eine ganze Menge Pläne für die nächste Zeit…
nach oben
Diesen Artikel kommentieren