Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona Nolte

Veröffentlicht in: Älterwerden (im Selbstversuch), Ideen für Gruppen

Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona NolteGestern haben wir die Ausstellung von Ilona Nolte eröffnet. Hier meine Eröffnungsrede:
„Lebenslust“ in der Passionszeit? Ja! 7 Wochen  mit Farbe, mit Freude und Leidenschaft. Dennn Leidenschaft ist die zweite Übersetzung von „Passion“. Die Generation, die wir hier zeigen hat viele Entbehrungen hinter sich. Wir suchen nach dem, was Lebenskraft gibt!
„Lebenslust“ angesichts der Katastrophen in Japan? Ja! Wenn wir in dieser Welt eins brauchen, dann ist das die Passion, die Leidenschaft für das Leben, den Willen und die Freude daran, Farbe und Lebendigkeit in unser Leben, in unsere Nachbarschaft, in unsere Welt zu bringen. Die Leidenschaft für das Leben, die Lebenslust lässt uns für den Erhalt der Schöpfung eintreten, für eine Zukunft, in der unsere Kinder und Kindeskinder gut und sicher leben können.  Dafür brauchen wir Lebendigkeit und Lebenslust.

Da sitzen sie, so präsent als würden sie gleich aus dem Bild steigen. Diese drei hier hören mir  gerade zu und später werden sie mir schon sagen, was sie von dieser Eröffnung hielten. Freundlich, wo nötig ein wenig kritisch, sich erinnernd, wie es zu anderen Zeiten mit den Ausstellungseröffnungen war.

Kaum dass wir die Bilder im ebz aufgehängt hatten, stieg unter unseren Gästen die Stimmung. Wir hatten viele Frauen mittleren Alters im Haus, die in ihren Fortbildungen mit schwierigen Themen befasst waren. Und plötzlich schwappte eine Welle der Heiterkeit durch die Flure. Mich vergnügen die Bilder auch und ich bin auf die Suche nach den Gründen dafür gegangen.

Ilona Nolte ist Autodidaktin. Obwohl sie sich schon in ihrer Schulzeit zur Kunst hingezogen fühlte wurde sie Fremdsprachenkorrespondentin und –übersetzerin. Vor 9 Jahren begann sie sich intensiv mit der Aquarellmalerei zu befassen, belegte Kurse und fand mit der Zeit zu ihrem Stil, schließlich auch in der Ölmalerei. Zu diesen Farben hat sie einen besonderen Bezug. Sie sagt selbst: “Mit ihnen will ich meinen Bildern Leben einhauchen, immer auf der Suche nach der eigenen Handschrift.“ Sie sucht ihre Motive auf der farbenfrohen Seite des Lebens. Die düsteren Seiten lässt sie bewusst aus. Doch sie kennt sie auch aus der Pflege ihrer Schwiegermutter. Ihre Bilder sollen ihr selbst und den Betrachtenden Kraft geben, Schwung und Lebenslust. Das ist ihr inneres Leitmotiv.

Ich versuche in meine Worte zu fassen, wie ich die Handschrift von Ilona Nolte beschreiben würde. Zunächst sind das natürlich die knallbunten lebensfrohen Farben. Auch da wo man es nicht vermuten würde, kommen sie durch, wie bei dem alten Herrn, durch dessen Mantel und Kappe ein Lebensgrün leuchtet.Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona Nolte

Ilona Nolte arbeitet mit scharfen Konturen, wie sie an einem strahlend blauen Sommertag vor dem Auge entstehen. Die Figuren wirken dadurch plastisch, fast dreidimensional, so als würden sie gleich aus dem Bild heraus steigen. Das liegt auch an dem farbigen Hintergrund, der als Folie, die Personen in den Vordergrund bringt. Er schillert selbst so lebendig, dass das ganze Bild vibriert. Dadurch dass der Hintergrund  in der Regel ohne Motiv ist, bleibt offen, wo die jeweilige Szene stattfindet. Das heißt: sie könnte auch hier und um die Ecke so stattfinden, z.B. im Kurpark von Bad Orb.

Typisch für die Bilder ist auch, dass selbst wenn es sich um Momentaufnahmen handelt, die Personen in Bewegung sind. Sie sitzen nicht stocksteif, nein, die Hände graben sich ineinander oder streichen den Rock glatt, ein Ellenbogen stößt die Nachbarin an; ein Bein wippt, die Tasche fällt fast aus der Umklammerung der feinbestrumpften Beine heraus. Die Gesichtsmuskeln sind in Bewegung, mal schelmisch, mal fröhlich, mal verkniffen, mal empört.Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona Nolte

Erreicht wird die Bewegung in den Bildern auch durch die Farbnuancen in den jeweiligen Farbfeldern. Sie werden keine größeren Farbfelder finden, sondern vielfältige Mischungen. Manche Details werden pastos hervorgehoben, ein Tupfen am Revers, ein dickerer Strich am Taschenhenkel.

Auf der Suche nach Motiven wird Frau Nolte in Zeitschriften, Büchern und Fotografien fündig. Ein Buch mit Fotografien von alten Frauen aus Berlin stach besonders heraus. Frau Nolte sucht nach Vorbildern für das Älterwerden und findet diese auch bei berühmten Persönlichkeiten, wie z.B. Hannelore Elsner, Mia Farrow u.a. Leider hatten wir nicht genug Platz, um noch mehr Bilder aufzuhängen. Deshalb haben wie hier eher die „normalen“ Leute in den Blick gerückt.

Was bei diesen Gemälden so erstaunt, vielleicht auch verwirrt und schließlich froh macht ist dies: hier sind ganz normale alte Menschen zu sehen. So wie sie nun einmal sind. Sehr unterschiedlich und auch in ihrer Ähnlichkeit so individuell, dass man auch hier nicht generell von „den Alten“ sprechen kann. Diese ganz normalen Leute sind farblich so in Szene gesetzt, wie wir sie in der Regel nicht sehen. Jede Frau, jeder Mann in dieser Ausstellung hat von der Künstlerin eine ganz eigene Farbkombination bekommen: lebensorange, sommerhimmelblau, frühlingsknospengrün. zitronenfaltergelb, liebesrosenrot.

Und dann die Hüte! Früher, also bis in die 50er Jahre  waren sie noch gang und gäbe. Sind sie eine Reminiszenz an diese Zeit, in der diese Menschen jung waren? Oder sind sie ein Symbol der Individualität nach dem Motto: mir sagt niemand mehr, wie ich mich anzuziehen habe!

Ich habe hier schon einmal eine über 90 – jährige Teilnehmerin unserer Tanzwoche zitiert. Sie antwortet, wenn Leute überrascht auf ihr Alter und ihre Beweglichkeit reagieren: „Ja, was glauben Sie denn eigentlich, wie ich in meinem Alter sein soll?“

Ich weiß, dass Ältere wie Jüngere sich immer wieder daran reiben,  dass unsere Gesellschaft irritiert oder – noch schlimmer – amüsiert reagiert, wenn Frauen und auch Männer sich im höheren Alter bunt und individuell kleiden und verhalten. So als dürfe man ab einem bestimmte Alter nicht mehr aus der Masse herausstechen. Gertrud Nauheimer, eine der Portraitierten wird mit folgendem Satz zitiert: „Man braucht sehr lange, um jung zu werden.“ Mit „jung“ wird häufig verbunden, dass man sich frei fühlt, nicht alles macht, was von einem erwartet wird, dass einem die Welt offen steht. Dass dies auch mit 80 oder 90 ein Lebensgefühl sein kann, zeigen diese Bilder und ich habe es persönlich von alten Menschen erfahren – und dieses Lebensgefühl stellt sich mitunter ein trotz aller Einschränkungen körperlicher und finanzieller Art, die das Leben im Alter oft mit sich bringt.

Wir werden uns an die bunten und vielfältigen Bilder vom Alter gewöhnen müssen. Unsere Gesellschaft wird immer älter und wir werden immer unterschiedlicher älter. Und dazu brauchen wir auch Ermutigung. Und Vorbilder. Die Bilder von Ilona Nolte ermutigen! Junge Frauen haben hier wie verrückt fotografiert, weil sie die Bilder so toll fanden. Ja warum? Eben weil sie so bunt und vielfältig sind. Weil sie die bekannten Szenen, die oft abgewertet werden, in ein anderes Licht setzen. Z.B. die alten Frauen oder Männer, die auf der Bank sitzen und beobachten, was im Park los ist. Frauen treffen sich beim Einkauf und tratschen. Das könnte man als trostlos empfinden. So als gäbe es nicht mehr viel anderes. Aber die Frauen und Männer hier auf den Bildern sind nicht allein, sie verbünden sich, sie verbringen Zeit miteinander, sie haben Spaß zusammen, sie haben Kontakt und Körperkontakt.  Sie sind verschmitzt, sie tanzen wild und Wange an Busen.

Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona NolteDas bringt mich zu der Sinnlichkeit in diesen Bildern: allen voran die Damen in der Sauna, die unsere Einladungen zieren. Sozusagen pur zeigen sie sich  voller Lebenslust. Allein die Badeschlappen verraten vielleicht etwas über ihren Alltag. Hier sind sie einfach sie selbst: knallvergnügt, gerne und selbstverständlich in ihrem Körper, vertraut in ihrer Nacktheit. Sie haben keine Angst vor Körperkontakt, sie freuen sich des Lebens. Dieses Lachen ist ansteckend. Ein Gast sagte zu mir: wenn ich das sehe, dann will ich auch so alt werden!

Die Sinnlichkeit strahlt aber auch aus Falten, Doppelkinn und runden Formen. Wache Blicke, verwegene Accessoires: Christel Lechner hat es in einem Satz auf den Punkt gebracht: „Gelebtes Leben ist die menschlichste Form der Schönheit!“

Die Ausstellung können Sie bis zum 14. Mai bei uns sehen, i.d.R. täglich 9-16 Uhr, sonntags bis 15 Uhr, Kaffee gibt´s immer!

Kontakt zu Ilona Nolte: www.ilona-nolte.de


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3 Kommentare zu “Lebenslust – Bunte Bilder vom Alter von Ilona Nolte”

Maria Theresia Götz sagt:

Hallo liebe Frau Nolte,
ganz begeistert bin ich von Tanztagen aus dem ebz Bad Orb zurückgekehrt. Ihre Bilder im Haus – einfach wunderbar, toll, zum Schmunzeln inspirierend. Da ich auch viele Ausstellungen in Hanau in der KPS, Seniorentagesstätte, organisierte, leider nicht mehr, zum Thema „Alter“ hätte ich sofort bei Ihnen angefragt.
Weiterhin viel Spaß, gute Ideen und Begegnungen und Energie für Ihr Schaffen und Wirken. Und nochmals danke und Vergelts Gott. Maria Theresia Götz, Neuberg

Bärbel Neubauer sagt:

hallo Frau Nolte,
ihre Bilder sind wunderschön. Darf ich das Bild mit den 3 Damen und Kaffeetassen, auf Facebook veröffentlichen? Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Tag, liebe Grüße aus Niedersachsen, Bärbel Neubauer

ebz sagt:

Hallo Frau Neubauer, da müssten Sie sich unbedingt direkt mit Frau Nolte in Verbindung setzen: ilona.nolte@gmx.de. Vielen Dank!
Annegret Zander

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