Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Wieso sollte ich mich in jungen Jahren mit dem Älterwerden beschäftigen?

Veröffentlicht in: Älterwerden (im Selbstversuch), Geronto-was? Theorie ganz praktisch

Letzte Woche wurde ich von Pfarrer Krückeberg von Hit Radio FFH für die Kirchensendung „Kreuz und Quer“ interviewt. Bei FFH geht alles immer etwas schneller, denn man ist ja fürs junge Publikum zuständig. Mit dem Mikro vor der Nase und ohne „Aufwärmen“ stieg Herr Krückeberg gleich mit der besten Frage ein:
„Wieso sollte man sich schon in jungen Jahren mit dem Älterwerden beschäftigen?“ Was mir nach meiner Ladehemmung einfiel, können Sie hier im Podcast von FFH „Kreuz und Quer“ hören.

Schlagfertigkeit ist nicht meine Sache… Später fand ich dann wesentlich bessere Antworten.

Das Leben ist zu wertvoll, um darauf zu warten, im Ruhestand die richtig guten Sachen zu machen.

  • Auch wenn Sie 20/30/40 Jahre alt sind: schreiben Sie jetzt eine Liste, was Sie gerne im Ruhestand machen würden.
    Bei mir steht da z.B. drauf : „mehr Kultur erleben, Musik machen, gute Nachbarschaft leben, gemeinschaftlich wohnen“.

Als ich das (und die vielen anderen Wünsche) las, war mir klar: auf all die schönen Sachen will ich nicht warten, bis ich 67 bin. Inzwischen plane und mache ich regelmäßig kleine Kulturausflüge, habe mir  „Let´s play guitar“ und drei Plektren gekauft und schrammele abends still für mich hin (das macht mich glücklich und stört die Nachbarn weniger als das Streichinstrument oder das Klavier, das ich auch gerne mal lernen würde). Ich lerne meine Nachbarn kennen (in Kürze lesen Sie hier im Blog mein „Liebeslied auf meine Nachbarn“). Und ich spitze die Ohren, wer von meinen Freundinnen oder interessanten Menschen, die ich kennenlerne, auch darüber nachdenkt, anders zu wohnen als in der Kleinfamilie oder Solo. Das macht mich jetzt schon viel glücklicher und gibt dem Arbeitsleben seinen angemessenen Platz.

Man lebt beruhigter, wenn man die schwierigen Themen geregelt hat.

  • Sie schieben die Sache mit der Patientenverfügung, dem Testament, der Adressortierung vor sich her? Ich weiß, es ist schwer, sich damit auseinanderzusetzen. Denn das bedeutet zugleich, über Krankheit und Tod nachzudenken. Aber beides kann jederzeit eintreten. Ich habe es im Selbstversuch gemacht: Patientenverfügung, Testament, meine Beerdigung geplant und mit den relevanten Menschen gesprochen. Es ist ein beruhigendes Gefühl, dies alles geregelt zu haben. Auch mit 45.

Wenn Hänschen einübt, das Leben leichter zu nehmen, wird Hans es im Alter leichter haben.

  • Für die meisten ist das Schreckensbild des Alters mit den Einschränkungen verbunden, die das Alter mit sich bringen kann. Man wird irgendwann langsamer, ist nicht mehr kerngesund, kann vielleicht nicht mehr so gut sehen und/oder hören und ist daher vielleicht vom Leben abgeschnitten. Vielleicht.
  • Darum ist es gut, schon jetzt Weisen einzuüben, wie mein Leben jenseits der Perfektheit mit Sinn gefüllt sein kann.
  • Eltern von kleinen Kindern kennen das: man hat sich hundert Sachen vorgenommen und eine geschafft. Wie gehen Sie damit um? Frust schieben? Diese eine Sache genießen? Die Pflichten nicht so ernst nehmen? Können Sie im Alter alles gut gebrauchen.
  • Grenzerfahrungen bei der Arbeit: ich schaffe nicht alles. Wie gehen Sie damit um? Zwingen Sie sich über ihre Grenzen zu gehen?
  • Kranksein: erlauben Sie sich das?  Wie pflegen Sie sich? Welche Personen unterstützen Sie? Auch hier können Sie gute Wege einüben.

Diese Liste könnte noch länger sein. Es lohnt sich, das Älterwerden als Motivation und Blickwechsel  für ein gutes Leben hier und jetzt zu nehmen.

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1 Kommentar zu “Wieso sollte ich mich in jungen Jahren mit dem Älterwerden beschäftigen?”

Ulla sagt:

Als Erzählerin fiel mir sofort eine Geschichte in Bezug zu nachbarschaftlichen Freundschaften und zum Miteinander-Leben ein – es beugt einer gewissen Vereinsamung im Alter vor –
Erzählen ist so alt wie die Menschheit selbst, Erzählen verbindet und fördert Gemeinschaft

Die *Alten* kennen das noch – es wurden Geschichten erzählt,gestrickt und gesungen – abends, im Winter vor dem Ofen – zu Zeiten als es noch Großfamilien gab und keine Medien die Sinne überfluteten.

In diesem Sinne folgende Geschichte:

Malon, so heißt das Land, von dem ich euch erzähle. Es liegt hinter sehr hohen Bergen versteckt.
Die Sonne, sie stieg niemals über die Bergspitzen. So war es in diesem Land immer Nacht, stockdunkle Nacht.
Die Malonen aber – so hießen die Einwohner dieses Landes – trugen immer Windlichter mit sich herum. So hatten sie wenigstens ein bisschen Helligkeit in ihrer Finsternis.
Die Malonen waren schon sehr eigenartige Leute. Jeder von ihnen wohnte ganz allein in einem Haus. Und jedes Haus war von einer hohen Mauer umgeben.
Kein Malone mochte den anderen leiden; keiner war mit dem anderen befreundet. Jeder misstraute dem nächsten und war ihm neidig.
Eines Tages kam ein Wanderer nach Malon, das Land hinter den Bergen. Die Malonen waren darüber sehr verwundert. Keiner von ihnen konnte sich erinnern, dass jemals ein Fremder zu ihnen gekommen war.
Der Wanderer war auch sehr erstaunt über die eigenartigen Leute und über das Land, in dem keine Sonne schien und jeder Tag so stockfinster war wie die Nacht.
Der Wanderer fragte: „Wo ist die Sonne?“
Einer der neugierigen Malonen, die sich um den Wanderer versammelt hatten, fragte: „Was ist das, Sonne?“
Die anderen murmelten: „Haben wir nie gehört.“
Nur ein uralter Malone erinnerte sich, schon einmal davon gehört zu haben und sagte: „Ja, ja, das ist das große Windlicht, die große Himmelslampe, die am Himmel schwebt. Erzähl uns was von dieser Himmelslampe, von der Sonne!“
Da fing der Wanderer an zu erzählen: „Die Sonne ist wie eine helle gelbe Scheibe. Jeden Morgen steigt sie leuchtend am Himmel auf. Ihre wärmenden Strahlen wecken die Vögel in den Nestern. Singend und jubilierend begrüßen sie den neuen Tag, sein helles Licht.
In der Sonne öffnen sich die Knospen und Blüten der Bäume und Sträucher und lassen ihren süßen Duft verströmen.
Die Sonne lockt das grüne Gras aus dem Boden.
Die Königin der Blumen, die Sonnenblume, dreht ihr Gesicht dem Licht, der Sonne zu.
Die Buben und Mädchen reiben sich in der Morgensonne den Schlaf aus den Augen. Sie sagen: ‚Gott sei Dank, heute scheint wieder die Sonne.’ Sie spüren die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Sie werden ganz braungebrannt im Sonnenlicht und springen voll Freude im Freien herum.“
So wusste der Wanderer den Malonen wunderschöne Sonnengeschichten zu erzählen. Und die Malonen – stellt euch vor – kamen alle aus ihren Häusern mit den hohen Mauern heraus, um zuzuhören.
Sie setzten sich rund um den Tisch, an dem der Wanderer saß, der von der Sonne sprach.
Ja, sie bauten ein großes Haus, ein Versammlungshaus. Da saßen sie bald Tag und Nacht und lauschten den Geschichten.
Sie bekamen ein Verlangen, eine Sehnsucht nach Helligkeit, nach Wärme, nach der Sonne.
Aber es blieb dunkel.
Eines Tages wollte der Wanderer weiterziehen. Er war lang genug in Malon gewesen. Er sagte: „Wenn man von der Sonne erzählt, muss man sie immer wieder sehen, sonst wird ihr Bild in einem ganz schwach, es verblasst.“
So zog der Wanderer fort. Die Malonen waren sehr traurig darüber. Wer sollte ihnen nun von der Sonne erzählen?
Was sollten sie überhaupt jetzt tun?
Sollten sie wieder in ihre Häuser zurückkehren, jeder hinter seiner hohen Mauer verschwinden?
Nein, das wollten sie nun nicht mehr. Das hätte sie wieder so einsam gemacht.
Beisammensein, miteinander reden und essen, einander helfen – das fanden sie nun viel schöner.
Auch gaben die vielen Windlichter mehr Schein als nur eines. So blieben sie beisammen und arbeiteten miteinander.
Jeden Morgen riefen sie gemeinsam nach der Sonne:
Sonne, liebe Sonne fein,
komm mit deinem hellen Schein,
komm in unser Haus hinein,
Sonne, liebe Sonne fein!
Das riefen sie täglich. Da, eines Tages passierte das Wunder. Es wurde hell und heller im Versammlungshaus der Malonen. Sie dachten: Was ist das nur?
Da sahen sie hinter den Bergen eine leuchtende Scheibe empor steigen.
Die Scheibe leuchtete zunächst rot wie eine aufgeschnittene Blutorange, dann wurde sie gelb, und als sie hoch am Himmel stand, glänzte sie wie pures Gold.
Die Malonen riefen alle durcheinander: „Schaut, das ist sie, das muss sie sein! Das ist die Sonne!“
Und von diesem Tag an ging im Land Malon die Sonne jeden Morgen auf und brachte Glück und Freude in die Herzen der Menschen.

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