Zurück aus der Zukunft: Eine Reise zu den „Läden mit Herz“
Wie der demografische Wandel kleine Orte belebt
(Andreas Wiesner) Am Dienstag den 17.03.2015 reiste ich mit einer Gruppe von Engagierten in die Zukunft. Wir lernten zwei Läden mit Herz in Meißner-Abterode und Ringau- Dattenrode kennen, die vom Verein Aufwind betrieben werden, der auch Menschen mit Handicap beschäftigt.
In Zeiten in denen viele Dörfer ohne Läden und Treffpunkte sind, war es erfrischend ein Modell kennenzulernen, wie der demografische Wandel kreative gestaltet werden kann.
Abterode: Dem Metzger keine Konkurrenz
Als erstes haben wir den TeGut Laden in Meißner Abterode besucht, der in einer ehema
ligen Synagoge untergebracht ist. Das Gebäude ist ein gutes Beispiel wie ein historisches Gebäude im Dorfkern erhalten und alternativ genutzt werden kann. Im Erdgeschoss befinden sich auf 100 Quadratmeter eine Verkaufsstelle, Mini-Postamt und Biobäckerei während im ersten Stock, dem ehemaligen Frauenbalkon der Synagoge die freigelegte Wandgestaltung im klassizistischen Rundbogenstil zu sehen sind. Um nicht dem örtlichen Fleischer Konkurrenz zu machen, gibt es keine Fleischtheke. Der Laden ist sehr gut besucht, denn mit dem örtlichen Fleischer und Friseur ist Abterode zu dem Geschäftszentrum der Gemeinde Meißner geworden.
Matthäus Mihm von Aufwind e.V hat uns sehr fachkundig in die Ladenkonzeption und in die Geschichte der jüdischen Gemeinde eingeführt. Besonders interessant war das gute Miteinander der evangelischen und jüdischen Religionsgemeinden in der Zeit vor dem Faschismus. Anknüpfend an diese Tradition des gelebten interreligiösen Miteinanders plant der Verein einen Lernort im Obergeschoss zu errichten.
Datterode: die Entwicklungen eines Grenz-Ortes
Danach ging es zum Nahkauf Markt in Ringau Dattenrode. Seit der Öffnung der Staatsgrenze 1989 nehmen viele BewohnerInnen die Einkaufsmöglichkeiten in den neuen Supermärkten in Eisenach-West war, sodass sich der traditionelle Dorfladen nicht länger halten konnte. Um den Hunger der grenznahen Bevölkerung nach West-Wagen zu stillen, wurde an der Tankstelle an der Durchgangsstraße nach Eisenach ein großes Autohaus gebaut. Am Ende der wilden 90er Jahren waren das Autohaus bankrott und der Dorfladen geschlossen.
Im Autohaus: Bäcker – Bürgerbüro
Deshalb haben Bürgermeister Fissmann und Aufwind im ehemaligen Autohaus den Nahkauf Markt entwickelt, der eine Fleischerei sowie die Bäckerei mit Café beherbergt. Im Untergeschoß befindet sich ein Bürgerbüro, das unterschiedlichsten Behörden wie zum Beispiel dem Pflegestützpunkt und Vereinen als Beratungsraum zur Verfügung steht, sowie einen Bürgersaal für Veranstaltungen und Tagungen. Es gibt auch Räumlichkeiten für Medizinische Dienste und einen Getränkemarkt. Diese Räume werden von einem Physiotherapeuten genutzt, denn durch die Regeln der Kassenärztlichen Vereinigung was es nicht möglich, wie geplant Allgemein und Facharzt Sprechstunden anzubieten.
Zum Arzt? Ein Bürgerbus macht´s möglich
Beim gemeinsamen Mittagessen im Café des Marktes hat uns Bürgermeister Fissmann das Konzept des Bürgerbusses erklärt, der den Markt mit den umliegenden Orten und Eschwege verbindet. Der Minibus wird von der Gemeinde gestellt und von einem Team freiwilliger Fahrer gefahren. Die Busroute fährt neben dem Markt auch die Ärzte und Sparkassen/Banken an. Die Arzttermine sind auf dem Busfahrplan abgestimmt.
Die vielen Anregungen, was trotz oder grade wegen des sozialen und demografischen Wandels möglich ist, das gute vegetarische Essen, die Sonne des ersten Frühlingstags und die interessanten Gespräche haben Ihre Wirkung nicht verfehlt. Es wurden erste eigene Ideen geschmiedet…
Und hier die wendige Überraschung: der Einkaufsrollator – wurde gleich von einer Teilnehmerin ausprobiert.
Mehr zum Gedanken der Co-Location, wie er in Abterode und Datterode praktiziert wird lesen Sie hier.
Hier geht es zum Verein Aufwind
Etwas mehr zum Hintergrund der Läden mit Herz
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