Gedanken und Bausteine zur Jahreslosung 2016: Gott spricht: „Ich will euch trösten, wie eine Mutter tröstet.“
Liebe Leserinnen und Leser,
Die neue Jahreslosung kommt so nett daher und ist bei genauem Hinsehen ein echter Brocken. Hier können Sie sich mit sich selbst und in Ihrer Gruppe an allem Möglichen abarbeiten.
Zum Beispiel an Ihrem Gottesbild. In den Diskussionen, die ich rund um die Jahreslosung gelesen habe, wird gerne darauf verwiesen, dass nun endlich auch mal weibliche Gottesbilder nach vorne gebracht werden. Wenn Sie dem nachgehen landen Sie dann in der Genderdiskussion. Die heutigen Mütter lassen sich nämlich nicht mehr so gerne auf bestimmte „weibliche“ Attribute festlegen. Und die heutigen Mütter taumeln zwischen den Eckbildern der Rabenmutter, die sich auch um ihren Beruf kümmert und statt Erziehungsgeld zu beziehen, ihr Zweijähriges in die Kinderkrippe gibt und der Helikoptermutter, die ihr Kind nie aus den Augen lässt, auch wenn es längst volljährig ist. Rennen tun sie alle und versuchen, Unmögliches möglich zu machen.
Na ja – und ganz nebenbei geraten Sie in Erinnerungen an Ihre eigene Mutter, oder ggf. Ihr eigenes Muttersein. Und das ist nicht immer schön.
Manche KollegInnen rufen dann: Es geht nicht darum, dass Gott wie eine Mutter ist, sondern dass Gott wie eine Mutter tröstet. Konzentriert euch auf den Trost!
Aber auch das kann in die Hose gehen. Am banalen Trostpflaster hängengeblieben – bis zu tiefgehenden Erinnerungen an eigene schwierige Zeiten – und was und wer eine/n da getröstet hat – oder auch nicht.
Die Losung läuft auch Gefahr, allzu individuell verstanden zu werden. Angesprochen ist aber das Volk Israel in all seinem politischen Tumult. Insofern ist es sicher auch hier gut, den Blick zu weiten.
Sehr gelungen ist das in der Arbeitshilfe zum Weitergeben 2015/4 zum Thema „Trösten“ der Evangelischen Frauen in Deutschland. Ich empfehle Ihnen sehr, sie zu bestellen und damit zu arbeiten. Die Bibelarbeit finden Sie gleich hier.
Ich stelle Ihnen hier zur Verfügung, was ich im Neujahrsgottesdienst verwenden werde, auch die Lieder. Ich habe ein gut singbares Lied zur Jahreslosung gefunden. s.u. Die Texte sind von mir, stark von der Arbeitshilfe geprägt. Sie dürfen sie gerne benutzen. Bei Veröffentlichungen bitte ich um Hinweis auf die Autorin.
Zum Eingang
Das Neue Jahr beginnen
tastend nach vorne leben
der Fuß findet festen Boden
von Gottes Treue gehalten
von Jesu Wagemut gestärkt
von der Kraft des Heiligen Geistes getröstet und weitergetragen.
So war es, so ist es, so wird es sein.
Amen
Gebet
Gütiger Gott,
ein neues Jahr liegt vor uns,
was wird es uns bringen?
Hilf, dass uns Bekanntes und Unbekanntes zum Segen wird und wir dein Wirken in unserem Leben spüren können.
Stärke unser Vertrauen in deine Gnade,
und lass deine Liebe in unseren Herzen wachsen.
Das bitten wir dich durch Jesus Christus,
der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schenkt.
Lied EG 58, 1-5 Nun lasst uns gehen und treten
(Gott lässt uns in seinem Schoße sitzen)
Meditation I: Trost – Tasche
Eine Künstlerin bat einmal eine Reihe von Frauen, eine Inventarliste ihrer Handtasche aufzustellen und dieser Liste auch eine Überschrift zu geben. Das war vor ein paar Jahren, als mein Kind noch kleiner war. Ich war erschüttert und amüsiert über den gewaltigen Umfang meiner Liste. Neben den obligatorischen Taschentüchern und sehr vielem anderen gab es in meiner ziemlich großen Handtasche natürlich Pflaster, diverse homöopathische Mittelchen, Desinfektionsmittel, Salben, Haargummis, Kaugummis, Bonbons, eine Rettungsdecke Gold/Silber, Latexhandschuhe, eine Flasche Wasser und sehr vieles mehr, was ich selbst, mein Kind oder irgendjemand sonst im Falle eines Falles brauchen könnte. Der Titel meiner Tasche war folgerichtig: „Für alles gerüstet“. Als ich das einer anderen Mutter erzählte, ergänzte diese noch, sie habe immer alle Impfpässe und die Ausweise der Kinder dabei. Sie könne sogar auf der Stelle das Land verlassen.
Manche Mütter sind so. Für alles, was schiefgehen kann, vorbereitet. Damit wir retten, verarzten, vertrösten und trösten können.
Das Bild der Mutter hakt. Manche Mütter mühen sich sehr, andere verlassen ihre Kinder. Mütter versuchen viel und scheitern oft.
Auf der Karte, die ich Ihnen mitgebracht habe, lesen wir ein paar Beispiele, wie heutige Mütter es machen. Banal fängt es an und geht dann doch immer tiefer ins Herz des Glaubens.
(Text: Susanne Niemeyer, Karte bestellbar bei: www.freudenwort.de)
***
Meditation II: Trösten – wie geht das?
Was gibt Trost, gerade, wenn es wirklich ernst wird. Wenn das Pflaster zu klein ist, um ein gebrochenes Herz zu heilen.
Dann können die Mütter wie die Väter, Großväter, Großmütter, Tanten, große Geschwister, Freundinnen und Freunde nur noch eins. Da sein und aushalten. Dableiben und aushalten. Solange, bis das verletzte oder geängstigte Herz wieder stark genug ist, alleine weiter zu schlagen.
Und eine 14-jährige beschreibt es so (Aus: Arbeitshilfe zum Weitergeben, s..o., S. 9): „ Also, trösten geht ja so: du hörst zu, du hörst einfach nur zu, was die andere erzählt. Du lässt sie reden und fragst ab und zu nach, damit sie nicht meint, sie müsste aufhören, nur weil es dir vielleicht unangenehm ist, was du hörst. Du ermunterst sie, davon zu reden, was sie traurig macht, was ihr das Leben so schwer macht. Du bleibst bei ihr. So machen das Mütter. Andere auch. Mütter nehmen die Traurigen auch in den Arm und halten sie fest. Und lassen dich weinen.“
Ist Gott auch so? Der Prophet Jesaja, aus dessen Büchern der Vers der Jahreslosung stammt, spricht sehr oft vom tröstenden Gott. (28 Mal kommt der Wortstamm für „Trösten“ in Jesaja vor, s. Bibelarbeit in der Arbeitshilfe der EFiD) Geschrieben in den Zeiten, als Israel von den umliegenden Völkern bedroht, die Oberschicht nach Babylon deportiert wurde – und schließlich, als sie wieder ins Land zurück kamen und große Schwierigkeiten im herbeigesehnten Land hatten. Da brauchten die Gläubigen sehr viel Trost. Mehr als „Trost-für- kleine-Kinder“
Jesaja findet viele Bilder, zum Beispiel dieses:
in Kapitel 46, 3f beschreibt er Gott wie eine Mutter, die ihr Kind herumschleppt . „Hört mir zu, die ihr von mir getragen werdet vom Mutterleibe an und vom Mutterschoße an mir aufgeladen seid. Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, ich will euch tragen bis ihr grau werdet. Ich habe es (bereits) getan, ich will euch (auch in Zukunft) tragen und heben und schleppen.
Das ist kein nächtliches durch die Wohnung tragen, weil die Zähnchen kommen. Das ist retten. Jemand aus großer Gefahr wegschleppen. So wie Mütter es durch die Jahrhunderte und bis in diese Tage immer wieder getan haben und tun.
„Lieder im Dunkeln singen. Wenn nötig Strophen erfinden. Weiter sehen. Aus Nichts Mut machen. Die Verzagten Huckepack nehmen. Sagen, dass alles gut wird. Und daran glauben.“
Bei Gott und seinem Volk gibt es einen Unterschied. Das Tragen und auf diese Weise Trösten geschieht auf Augenhöhe. Es sind keine kleinen Kinder, es sind Erwachsene, die wissen, dass Pusten nicht alles gut macht. Dass manches nicht gut werden wird.
Aber dass wir irgendwann wieder selbst gehen können. Bis dahin schleppt uns Gott. Erinnert uns an die Kraftquellen, die wir haben, um das Schwierige, Traurige, Katastrophale, Unsichere in unserem Leben zu überleben.
Lied: Ich will euch trösten von Matthias Stempfle
Meditation III Getrost
Das deutsche Wort „Trost“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und ist verwandt mit „treu“, das bedeutet „stark, fest wie ein Baum“. Trost bedeutet, so schreibt es der Duden, „eigentlich (innere) `Festigkeit´“.
Als wir laufen lernten, war uns der Boden noch sehr nah. Wir hatten keine Angst zu fallen, denn der Boden war ja da, um uns aufzufangen. Er war fest und solide. Wir lernten auch: weil ich fallen kann, kann ich laufen.
Später übten wir, auf wackligerem Boden zu gehen. Wir balancierten über Baumstämme, hangelten uns auf schwankenden Seilen, wateten durch Watt und Wellen.
So ist es auch mit den Dingen des Herzens. Die kleinen Erschütterungen, ein blutiges Knie, eine Enttäuschung, der erste Liebeskummer, die erste Erschütterung einer Freundschaft, die ersten Verluste von Menschen an das Leben und an den Tod. Wir haben die Schmerzen kennengelernt. Und den Trost. Wir haben unterscheiden gelernt, was uns oberflächlich vertröstet und was uns wirklich wieder Halt gibt.
Und so ist dieses Jahr nun vielleicht das Jahr, in dem wir sagen können: weil ich fallen kann, kann ich auch laufen. Weil ich Tost erfahren habe, werde ich auch nach neuerlichen Erschütterungen wieder eine innere Festigkeit finden. Ich werde mich verlieren und ich werde mich von Gott heraus geschleppt wiederfinden.
Getrost können wir ins Neue Jahr gehen, denn wir sind nicht ahnungslos. Getrost heißt: Wir wissen bereits: Gott tröstet, gibt Halt. Wie eine Mutter – oder ein Vater oder eine Freundin. Oder – damit wir Gott nicht festlegen auf ein Bild – wie wir gleich singen werden: als Morgenstern nach dunkler Nacht, oder als Pfand des Heils oder als Licht oder als Quell oder als Gottesglanz…
Ich wollte Ihnen noch sagen, wie es jetzt in meiner Tasche aussieht: viel viel leerer. Zum einen weil das Kind größer ist, aber auch, weil ich nach meiner Taschen-Inventur dachte, ich könnte ein bisschen mehr auf Risiko spielen und ein bisschen mehr vertrauen, dass alles da sein wird, was ich brauche.
Etwas Bestimmtes habe ich immer dabei, weil ich gemerkt habe, dass es mir Trost gibt, Freude und Halt – auch wenn ich auf einmal das Land verlassen müsste. Ich werde Ihnen nicht verraten, was das ist. Aber: Was wäre das bei Ihnen? Was wäre in Ihrer Tasche, mi der Überschrift versehen: Getrost unterwegs…
Lied 571, 1 – 4, 5-7 Nun geh uns auf, du Morgenstern
Eine Zusammenstellung weiterer Postkartenmotive und Bezugsquelle finden Sie hier.
Und eine weitere wunderbare Taschengeschichte zur Jahreslosung lesen Sie hier.
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