Bericht vom Marktplatz der Dörfer: Gesellschaft selber machen (29.11. 2017 Berlin)
Andreas Wiesner war Ende November in Berlin zu einer der hochspannenden Veranstaltungen der Deutschen Vernetzungsstelle Ländlicher Raum. Weitere Dokumentationen zur Veranstaltung sind im nächsten Abschnitt verlinkt. Hier sein Bericht:
Zum „Marktplatz für Dörfer“2017 (1) einer Kooperationsveranstaltung der Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) mit dem V. Forum des Programms „Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort“ der Robert-Bosch-Stiftung wurde ich in die Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern eingeladen, um ein Statement zum Thema „Zusammenhalt“ vorzustellen (2). Thema der Konferenz für 2017 war „Gesellschaft selber machen“
Das Neulandgewinner Förderprogramm unterstützt eigenverantwortliche und bürgerschaftliche Projekte im ländlichen Raum (3).
Zentrale Fragen, die das Programm in den Fokus stellt sind u.a.:
- Warum leben Menschen auf dem Land?
- Wozu brauchen wir gesellschaftlichen Zusammenhalt und was ist damit eigentlich gemeint?
- Wer übernimmt Verantwortung in der Gemeinde?
- Wo wird die Politik für den ländlichen Raum gemacht?
- Und schließlich, wie kommen wir von einer guten Projektidee zu einem neuen Miteinander?
Neben der Konferenz mit Vorträgen, Ideenlabors etc. wurde auch ein „Schwarzmarkt“ initiiert, der Raum für Austausch, Vernetzung und Ideenhandel gab. Auf diesem Markt durfte ich Akteure kennenlernen, die sich trauten, vor Ort neue Wege zu gehen, so zum Beispiel den Dorfverein Menz e.V., ‚STRAZE‘ – ein Gemeinschaftshaus in Greifswald; ‚OTTO‘ – ein Bürgerbus oder das Projekt ‚Aufsuchende und vorbeugende Hausbesuche‘.
„Ideenlabor Zukunftsfähige Dörfer
Anhand eines wirklichen Fallbeispiels erarbeiteten wir im „Ideenlabor Zukunftsfähige Dörfer“ eine Vision für ein Dorf, in dem wir selber leben wollen, das aber auch aus einer regionalen und globalen Perspektive zukunftsfähig sein würde. Teil der Aufgabe war es, die vorhandenen Gebäude und Ressourcen möglichst nachhaltig zu entwickeln. Für die Visualisierung konnten wir Modelle auf einen Dorfplan platzieren. Interessant, dass einige der Teilnehmenden sich an die Aufbaujahre der DDR (1949-1968) erinnerten in der (nicht nur) Dörfer von innen heraus mit minimalen Investitionen von außen „aufgebaut“ wurden. (3). Der Leitspruch „Zurück in die Zukunft“ prägte daraufhin das Handeln unseres Ideenlabors.
In der Abschlussrunde „Anstoß – Gesellschaft selber machen“ war der Beitrag des Brandenburgischen Staatssekretär Thomas Kralinski (SPD) für mich besonders eindrücklich. Er beschrieb die politische Entwicklung am Beispiel Thüringens kleinster Stadt, Neumark (bei Weimar). In seiner Kindheit und Jugend gab es in dieser Stadt Fleischer, Konsum, Friseur, Gasthaus und Eisdiele sowie zweimal in der Woche eine Filmprogramm. Heute ist die Eisdiele die einzige Institution, die der Stadt erhalten geblieben ist.
Auch Hessen geht unter die Neulandgewinner
Auch die Hessische Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser (Grüne) war vor Ort, da das Neulandgewinner Förderprogramm bis dato nur in den neuen Bundesländern durchgeführt wurde, und es nun angedacht ist, dass Hessen als erstes westliches Bundesland das Förderprogramm übernehmen wird.
Sie machte deutlich, dass durch die Umwandlung von kurzfristigen Projektförderungen durch nachhaltige Förderprogramm wie „Neulandgewinner“ es den Aktiven ermöglicht wird, ihre eigene Zukunft vor Ort neu zu erfinden, anstatt sich an Vorgaben orientieren zu müssen.
Für mich ein gutes Signal zu wissen, dass wir eine Unterstützerin im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben, damit wir auch in Nordhessen unsere Gesellschaft leichter selber entwickeln können. Our Future, Ourselves!
Andreas Joachim Wiesner M.Phil., 03.01.2018
(1) https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/service/veranstaltungen/dvs-archiv/2017/marktplatz-fuer-doerfer/
(2) Statement: Zusammenhalt
Zusammenhalt entsteht in der Anerkennung von Vielfalt. Die Mitmenschen mit ihren verschiedenen Gaben, Talenten und Lebenserfahrungen müssen gewürdigt werden. Eine monochrome Gemeinschaft hält nur durch den Ausschluss gegen Andere zusammen. Der vorhandene Talentpool wird durch die Abwehr neuer Erfahrungen immer kleiner. In einer vielfältigen Gemeinschaft blühen die verschiedenen Begabungen etc. auf. Gemeinsame Projekte, in denen unterschiedliche Menschen mit diversen Fähigkeiten und Talenten zusammenarbeiten, schaffen und stärken den Zusammenhalt.
Zusammenhalt wächst durch die Integration der Anderen auf Augenhöhe in/durch Schlüsselpersonen/-familien: Nachdem der Schwiegersohn „aus dem Osten“ in einer Familie herzlich aufgenommen wurde, die zugezogene Schwäbin zum nordhessischen Dorfleben gehört, konnten die syrischen Flüchtlinge Teil des Ganzen werden. Zusammenhalt braucht neben gemeinsamen Zielen und Aktivitäten Begegnungsräume.
(3) http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/41318.asp
(4) Bis 1953 erbrachte die SBZ/DDR insgesamt 99,1 Mrd. M. Reparationsleistungen an die UdSSR. Sie trug damit 97–98 % der Reparationslast. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Reparationen
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