Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Weihnachten: Uns ist ein Kind geboren

Veröffentlicht in: Allgemein, Andacht/ Spiritualität
Weihnachten:  Uns ist ein Kind geboren

Wir wünschen Ihnen mit dieser Meditation in 3 Teilen gesegnete Weihnachten!
Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; er heißt Wunder-Rat, Gott – Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst. (Jesaja 9,6)

Uns ist ein Kind geboren
Uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
schreit mit dem ersten Atemzug,
blickt uralt aus den kleinen Augen
streckt sich mit jeder Zelle der Welt entgegen

Uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
nackt, schutzlos, winzig klein
braucht Hülle Wärme Milch
gibt Liebe
einfach so 

Uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
isst, trinkt, wächst, lernt
mit kleinen Schritten durch die Welt zu gehen
staunt jede Blume an,
den Käfer, Schneeflocke, Pfütze
springt hinein
ins Leben
in das Du
strahlt auch den ärgsten Grantler an
sagt ja! zum Spiel ohne Zweck und Ziel

Uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
er lernt das erste Wort ruft
DA! und
MAM!
voll Begeisterung für jeden Stein, Stern, Stamm
und ein Stück Brot

Uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
übt lesen, liest vom Vater
vom Frieden, Heilsein
und den Lämmern bei den Wölfen
wundert sich nicht
weiß wie das geht
wie jedes Kind
wie jedes Kind
den Hass nicht kennt nur Menschen und das Staunen. 

Auf seiner Schulter
Sie hatten gesagt, dass es Gott nicht gäbe. Nicht in dieser Welt. Nicht mit solchen Wahnsinnigen an der Spitze der Weltmächte. Nicht in einer Welt mit Männern, die mit Macht spielen, wie mit Bauklötzchen. Sie hatten gesagt, dass der Glaube an einen Gott heutzutage überflüssig sei. Würde ja nichts ändern. Mit oder ohne Gott. Alles gleich schön oder schwierig.

Und nun saß er da, an meinem Küchentisch, dem kleinen Klappding, auf das gerade mal 2 Teller passen, höchstens drei, wenn wir zusammenrücken. Die Frühstückskrümel noch nicht weggewischt, eine Spur Tomatensoße plötzlich deutlich zu sehen. Da saß er, ziemlich groß in dieser kleinen Küche. Schob den zweiten Hocker zu mir rüber. „Friede sei mit dir“, sagte er. Und ich – zum Glück in Fulda unter Katholiken aufgewachsen, murmelte ein „und mit deinem Geiste.“ Oder wie sagt man, wenn der „Heiland“ kommt. Was ich ja nie sagen würde. Damals nicht, als mir in England in einer schwarzen Pfingstgemeinde der Pfarrer vor der ganzen Gemeinde auf den Zahn fühlte: „Do you believe in Jesus?!!“ Als die Gläubigen um mich herum schon sangen und riefen „Praise the Lord!“ und ich junge deutsche Theologiestudentin am liebsten gesagt hätte, ähm, ja ich glaube schon, aber können wir da drüber reden?

Und nun saß er da. Seltsam. Fremd. Ein Strohhalm hing an seiner Jacke, er roch nach Stall und Schnee. Ich kramte die verstaubte Flasche Glühwein hervor, stellte den Topf auf den Herd. Die Vanillekipferl auf den Tisch, sie waren das einzige Gebäck, das ich dieses Jahr geschafft hatte. „Dass du zu mir kommst.“, sagte ich. Und dachte an den Jungen, den aus gutem Grund alle mobbten, an die Freundin, die so traurig war, die andere, ganz erschöpft. An die Zelte im Jemen, die engen Ankerzentren in Bayern, die verletzten Frauen in aller Welt, die Tische, an denen Menschen fehlten. Bei mir war doch soweit alles im grünen Bereich.

„Jetzt bin ich bei dir.“, sagte er, griff die Tasse und pustete hinein. „Erzähl mal.“ Da kam dann doch einiges zusammen. Ich kam gleich zu Sache. War ja klar, dass er nicht viel Zeit haben würde. Ich erzählte. Über all das, was ich nicht schaffte. Die Sorgen, die ich mir machte. Die Menschen, die ich nicht unterstützen konnte, weil ich genug damit zu tun habe, meinen eigenes kleines Leben unter die Füße zu kriegen. Da flossen auch Tränen. Er nickte, griff ab und zu meine Hand. „Ja“, sagte er, „ja“. Ich kam dann auch noch zu den schönen Dingen und wir vergossen ein paar Freudentränen.

„Ich muss dann mal weiter“, sagte er schließlich. „Will noch zu den anderen.“ „Ja“, sagte ich, „ja.“

Im Flur redeten wir dann doch noch kurz über die Männer mit den Bauklötzen. „Irgendwie witzig“, meint er, „dass sich seit Herodes damals manches nicht ändert. Die Herren haben immer noch am meisten Angst vor der Liebe. Damit lässt sich halt kein Krieg führen und kein Geld verdienen. Die Liebe ist komplizierter, schwieriger, braucht mehr Anstrengung, mehr Reden mit Leuten, die einem fremd sind. Du musst ein paar Hüllen und Schutzwälle fallen lassen. Das kann nicht jeder.“ „Kannst du da nicht mal eingreifen?“, frage ich, „so wie damals, im Tempel, laut und wütend alle rausschmeißen?“ „Alles zu seiner Zeit“, sagt er. Lächelt und geht. Ich sehe zur Uhr. Kaum eine ist Minute vergangen.

Und er heißt: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst

Wie sollen wir das Kind nennen?
Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst, Herz-Bruder, Mit-Fühler, Hand-Halter, Bürde-Träger, Wort-Wandler, Liebe-Voll, Hoffnungs-Kind

Copyright Annegret Zander  – Sie dürfen diese Texte unter Nennung der Quelle in Ihrer Arbeit nutzen.


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