Der Blog für die zweite Lebenshälfte

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Auferstehung jetzt.

Veröffentlicht in: Allgemein, Andacht/ Spiritualität, Bücher/Filme, Endlichkeit, Ideen für Gruppen

Auferstehung jetzt.Buchbesprechung: Claudia Janssen, Endlich lebendig. Die Kraft der Auferstehung erfahren (Kreuz – Verlag)

Claudia Janssen saß in unserer Atelierküche. Und während wir zur Jahreslosung 2013 (s.u.) schnippelten und rührten, erzählte sie uns aus ihrem Buch, das sie gerade schrieb. Zwischen Schneidebrettern und zischenden Töpfen verstand ich endlich, wie die Bibel die Zeit versteht. Nicht wie ein ewiges Jagen auf dem Zeitstrahl von der Vergangenheit in die Zukunft, sondern eher wie ein Haus mit vielen Zimmern. Wussten Sie, dass einer der hebräischen Gottesnamen „Ha Makom“ „der Ort“ bedeutet, der zugleich zeitliche, und räumliche Dimensionen umfasst und darüber hinaus eine Beziehung zwischen Gott und Menschen beschreibt?  Ich war damals schon völlig begeistert und bin es jetzt, wo ich das ganze Buch in Händen halte. Schon die ersten Seiten haben mich so inspiriert, dass ich viele Andachten, Gottesdienste und kreative Aktionen daraus entwickelt habe. Es ist ganz einfach: das griechische Wort „anhistemi“ bedeutet im Griechischen „aufstehen“. Ob wir nun also von einem Stuhl oder von den Toten aufstehen, es ist dasselbe Wort. Claudia Janssen öffnet den Blick und das Erleben für die enge Verbindung der Auferstehung Jesu mit dem auf(er)stehen in unserem Alltag.

Sie tut das vielschichtig. Schon beim ersten Blättern blieb ich an den Gedichten hängen, die sie für ihre Kapitel auswählte. Weil die Auferstehung nichts ist, das irgendwer (auch Paulus nicht!) eindeutig beschreiben könnte, wählt sie wie Paulus poetische und erzählende Formen. Allein schon die Gedichte sind eine Fundgrube.

Während der Zeit, in der das Buch entstand, schrieb Claudia Janssen regelmäßig morgens 30 Minuten zum Thema Auferstehung. Eine spirituelle Übung, die ganz verschiedene Aspekte aus dem Alltag in den Blick nimmt und auch mich seither beschäftigt: wo nehme ich Auf(er)stehungskraft wahr?  Für eine Professorin ist es ein Wagnis, sich so persönlich in einem wissenschaftlich fundierten Buch zu zeigen. Ich bin ihr dankbar dafür, denn durch ihre eigene Praxis, gelingt es ihr, auch LaiInnen und TheologInnen, die auf der Suche nach einer Über-Setzung der biblischen Texte in unseren Alltag sind, diese Brücke über 2000 Jahre hinweg zu schlagen.
Dieser Intention entspricht auch, dass sie Frauen zu deren Auferstehungserfahrungen befragt hat und die Gespräche für uns aufzeichnet. Burnout, Krankheit, das langsame Sterben des Partners, die Sehnsucht nach den Verstorbenen werden persönlich greifbar. Hier wird nicht allgemein abgehandelt, sondern die Erfahrung von Verlust, Leid und Hoffnung und Auf(er)stehungskraft nahbar.

Die ausgewählten Bibeltexte hat Claudia Janssen orientiert an den Kriterien der Bibel in gerechter Sprache selbst übersetzt. Dabei nimmt sie den griechischen Urtext ernst und zeigt viel von seiner ursprünglichen Gestalt und Intention. Sie stellt den Bibeltexten Themen zur Seite: Erinnern/Schmecken/Säen/Begehren/Widerstehen/Suchen/Sterben/Heilen/Leben. Auferstehungserfahrungen sind also auf vielen Ebenen möglich – und einmal mehr wird mir deutlich, dass wir als Menschen Körper sind, ganze Menschen und so auch das theologische Denken und das Au(er)stehungs-Erleben auf dieser Ebene geschieht. Claudia Janssen nimmt das radikal ernst, macht es sichtbar, spürbar, malt Bilder, denen ich gerne nachsinne und die mich in mein eigenes kreatives Sinnen und Tun bringen. So etwas habe ich mit einem theologischen Buch sonst noch nie erlebt.

Die Auslegung der Bibeltexte gestaltet Claudia Janssen vielfältig. Die aktuelle Exegese bringt sie uns in erzählenden und beschreibenden Texten nahe. Wussten Sie, dass man inzwischen davon ausgeht, dass die Paulus-Briefe eher in einer kollektiven Weise entstanden sind als dass ein Mann sich allein hingesetzt und geschrieben hätte? So erfahren wir viel von dem Umfeld, in dem die christlichen Gemeinden sich bewegten, über ihre Probleme, die Gefahren und die Glaubensherausforderungen, denen sie ausgesetzt waren. Spannend. Lebendig!

Endlich stillt eine Theologin meine Sehnsucht nach lebensnaher Bibelauslegung. Ich könnte hier noch viel schreiben, aber ich belasse es bei: unbedingt lesen! Ein Buch – nicht nur rund um Ostern – sondern eine Begleitung auf vielen Ebenen für die Unbillen und Tiefen des Lebens. Köstliche, schmackhafte Theologie einer Frau, die mitten im Leben steht.

 

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